Das Unternehmensstrafrecht wird kommen – Compliance wird belohnt.

Unternehmensstrafrecht wird kommen – Compliance wird belohnt, Insight von Prof. Peter Fissenewert, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Was schon zweimal in der Koalitionsvereinbarung angekündigt wurde, wird nun umgesetzt. Das Verbandsstrafrecht, auch Unternehmensstrafrecht genannt, wird zu einer Herausforderung für deutsche Unternehmen.

Der Entwurf liegt vor. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) will verbandsbezogene Straftaten sanktionieren. Wenn die große Koalition die Pläne – ein Mix aus erheblichen Strafen und zugleich erheblichen Anreizen – wie vorgelegt umsetzt, wird die Praxis vor neuen Herausforderungen stehen.

Der Dieselskandal lässt grüßen

Man mag darüber streiten, ob die Sanktionierung von Unternehmen überhaupt zu einem besseren Verhalten führt, ob die neuen Gesetze „wieder einmal“ überzogen sind und ob nicht das bisherig Bestehende alles ausreizt; Die Unternehmen sind – salopp formuliert – nicht ganz unschuldig daran, dass die Regeln nun verschärft werden. So haben beispielsweise die Banken Lücken im Gesetz gefunden, die zu Betrug bei der Kapitalertragsteuer führten (Stichwort Cum-Ex-Geschäfte). Maßgeblich an der Entwicklung beteiligt ist eben auch der Dieselskandal. Bislang gab es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht, weil argumentiert wurde, dass nur Menschen handeln können und dementsprechend können auch nur Menschen bestraft werden. Dabei bleibt es. Natürlich sind immer Menschen die handelnden Personen. Sie waren es, die die Manipulationssoftware geschrieben haben. Dabei ist es gleichgültig, ob aus falsch verstandenem Ehrgeiz oder weil sie unter Erfolgsdruck standen. Den Profit haben aber die Unternehmen eingestrichen und nur einzelne sind bestraft worden.

Vorschläge des Bundesjustizministeriums

Die Sanktionierung von Unternehmen soll eine eigene gesetzliche Grundlage erhalten und dem Legalitätsprinzip unterworfen werden. Das BMJV will mehr Instrumente zur besseren Ahndung von Verbandsstrafen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig sollen Compliance-Maßnahmen gefördert und Anreize für Unternehmen gesetzt werden, durch die Durchführung interner Untersuchungen am Verfahren mitzuwirken.

Erfasst werden nicht nur Großkonzerne wie VW oder Institute wie Banken, sondern auch Mittelständler, Startups bis hin zum Nagelstudio um die Ecke. Zugleich sollen auch Straftaten im Ausland erfasst werden, sofern das Unternehmen einen Sitz im Gebiet der Bundesrepublik hat.

Legalitätsprinzip

In das neue Strafrecht soll auch das Legalitätsprinzip eingeführt werden. Das bedeutet, dass Staatsanwaltschaften also schon beim Vorliegen eines Anfangsverdachts einer Unternehmensstraftat künftig zwingend ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen einleiten sollen. Damit wird das Thema „Untersuchung von Unternehmen“ künftig noch höher auf der Agenda von Staatsanwaltschaften stehen.

Erhebliche Sanktionen

Die vorgesehenen Sanktionen sind erheblich. Sie reichen bis zu 10 Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens. Damit reihen sich die Pläne in vielfach bereits vorhandene Regelungen ein, wie etwa beim Kartellrecht, Datenschutz oder Geldwäscherecht.

Die Sanktionen von bis zu 10 Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens sind erheblich und können existenzgefährdend sein. Der Entwurf geht aber noch weiter und sieht als weitere Sanktion auch die Auflösung des Unternehmens vor sowie die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung des Unternehmens (sogenanntes naming and shaming) bei einer Großzahl von Geschädigten.

Herzstück Compliance

Compliance kann Sanktionen mildern. Ein Herzstück der Pläne ist die Verantwortlichkeit für Verbandsstraftaten bzw. Unternehmensstraftaten von Leitungspersonen und sonstigen Personen, die durch angemessene Vorkehrungen hätten verhindert oder wesentlich erschwert werden können. Das ist zu begrüßen und gilt vor allem für die geplanten Anreize zur Schaffung von Compliance-Systemen und zur Durchführung sogenannter Internal Investigations. Compliance-Management-Systeme sind mittlerweile weithin bekannt und werden auch vom Mittelstand begrüßt.

Voraussetzung einer solchen Untersuchung, die nach den Vorschlägen honoriert werden soll, ist zunächst, dass die mit einer etwaigen internen Untersuchung beauftragte Person nicht zugleich Verteidiger des Unternehmens oder eines Beschuldigten sind.

Risiko-Management und Compliance helfen

BUSE hat bereits eine Vielzahl von Unternehmen mit angepassten Risiko-Managements bzw. Compliance-Management-Systemen ausgestattet. Diese sind nicht nur image- und wettbewerbsfördernd, sondern auch – wie oben ausgeführt – nützlich und strafmindernd, sollte es trotz aller Vorsicht zu einem Verstoß kommen.