Intention des Hinweisgeberschutzgesetzes – Umfangreicher Schutz des Hinweisgebers
Das Hinweisgeberschutzgesetz dient primär dem Schutz von sog. Hinweisgebern. Darunter versteht man Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über ein Fehlverhalten von natürlichen oder juristischen Personen erlangen und durch entsprechende Hinweise bei einer internen oder externen Meldestelle dabei behilflich sind, das Fehlverhalten aufzudecken und die negativen Folgen dieses Fehlverhaltens einzudämmen beziehungsweise zu korrigieren. Neben Arbeitnehmer:innen werden somit auch Kunden, Lieferanten und andere Geschäftspartner des betroffenen Unternehmens durch das HinSchG insbesondere vor Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen geschützt.
Was kommt auf betroffene Unternehmen zu?
Das HinSchG verpflichtet die betroffenen Unternehmen zur Einrichtung und zum Betrieb von internen Meldestellen, die es den Hinweisgebern ermöglichen, Fehlverhalten innerhalb des Unternehmens zu melden. Dieser Verpflichtung unterfallen sämtliche Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen, wobei jede juristische Person gesondert zu betrachten ist.
Zusätzlich wird beim Bundesamt für Justiz eine sog. externe Meldestelle eingerichtet. Hinweisgeber können frei wählen, ob sie einen Hinweis gegenüber der internen Meldestelle ihres Unternehmens oder der externen Meldestelle des Bundes abgeben möchten.
Betroffene Unternehmen müssen bei der Einrichtung und dem Betrieb der internen Meldestelle folgende Anforderungen des HinSchG umsetzen und beachten:
- Das interne Meldesystem muss es den Hinweisgebern ermöglichen, Hinweise auf unterschiedliche Weisen, etwa mündlich, schriftlich oder in digitaler Form, abgeben zu können.
- Auch die anonyme Abgabe von Hinweisen muss ermöglicht werden. Anonymen Hinweisen soll nachgegangen werden, eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht.
- Sofern der Hinweisgeber die Meldung nicht anonym abgibt, muss die interne Meldestelle den Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen über den Erhalt der Meldung informieren.
- Innerhalb von drei Monaten muss die interne Meldestelle den Hinweisgeber über die getroffenen Folgemaßnahmen aufklären. Als Folgemaßnahmen kommen beispielsweise die Einleitung einer internen Compliance-Untersuchung, die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde oder die Einstellung des Verfahrens in Betracht.
- Die interne Meldestelle hat die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers sowie der in dem Hinweis genannten Personen zu beachten.
Betroffene Unternehmen müssen schnell reagieren
Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeiter:innen sind bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes, also bereits ab Mitte Juni 2023, dazu verpflichtet, die Bestimmungen des Gesetzes umzusetzen.
Kleineren Unternehmen ab 50 Mitarbeiter:innen (und bis zu 249 Mitarbeiter:innen) wurde hingegen eine Übergangsphase bis zum 17. Dezember 2023 gewährt, um den Anforderungen des Gesetzes nachzukommen.
Da die Einrichtung der Meldestellen sowie die erforderliche Anpassung der internen Organisationsstrukturen jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen kann, sollte mit der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben schnellstmöglich begonnen werden. Denn bei Verstößen gegen das HinSchG drohen Bußgelder bis zur maximalen Höhe von EUR 50.000,00. Bereits das nicht rechtzeitige Einrichten der internen Meldestellen kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Vorfragen und Implementierung eines Hinweisgebersystems
Bevor sich ein betroffenes Unternehmen mit den verschiedenen Möglichkeiten der Einrichtung und des Betriebes einer internen Meldestelle auseinandersetzt, sollten zunächst folgende Vorfragen geklärt werden:
- Existieren im Unternehmen ggf. bereits eine Meldestelle und Verfahrensregeln für den Umgang mit Meldungen und genügen diese den Anforderungen des HinSchG, bzw. können diese mit überschaubarem Aufwand auf die nun geltenden gesetzlichen Anforderungen angepasst werden?
- Können Konzerngesellschaften durch die Einrichtung einer für den gesamten Konzern zuständigen zentralen internen Meldestelle ggf. entlastet werden?
Ist die erstmalige Einrichtung einer internen Meldestelle erforderlich, steht den betroffenen Unternehmen hinsichtlich des „Wie“ der Einrichtung und des Betriebes grundsätzlich ein großer Spielraum zur Verfügung. In Betracht kommen beispielsweise (digitale) Briefkästen, die Einschaltung einer externen Vertrauensperson (sog. Ombudsperson), digitale Lösungen auf dem eigenen IT-System sowie die Nutzung digitaler Hinweisgebersysteme externer Dienstleister.
In der Praxis bewährt: Digitale Hinweisgebersysteme von externen Dienstleistern
In der Praxis bedienen sich Unternehmen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten häufig eines externen Dienstleisters für digitale Hinweisgebersysteme. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Softwarelösungen, die anonyme, sichere und datenschutzkonforme Meldekanäle generieren. Die Meldung unterstützende Informationen – wie zum Beispiel Bilder, Dokumente, Zeichnungen etc. – können zudem elektronisch hochgeladen werden. Sobald die Meldung eingegangen ist, wird die im Unternehmen zuständige Person (oder eine extern damit betraute Person) über den Eingang der Meldung automatisch informiert. Die bearbeitende Person hat sofortigen Zugang zu den vom Hinweisgeber zur Verfügung gestellten Informationen und Dateien.
Insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen dürfte der Einsatz von derartigen externen digitalen Hinweisgebersystemen interessant sein, da sich ein solches digitales System zwar ggf. auch auf dem unternehmenseigenen IT-System implementieren ließe, dies jedoch in der Regel mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden und nur unter starker Einbindung der hausinternen IT-Abteilung umsetzbar wäre. Demgegenüber stehen die Kosten für die Beauftragung eines externen Dienstleisters.
Bearbeitung von eingegangenen Hinweisen
Unabhängig von der Wahl des Hinweisgebersystems müssen die eingegangenen Hinweise zeitnah bearbeitet werden. Dabei steht es den betroffenen Unternehmen frei, eigene (personelle) Ressourcen zu nutzen und die interne Meldestelle von entsprechend befähigten und geschulten Mitarbeiter:innen betreuen zu lassen. Aufgrund der datenschutzrechtlichen Relevanz der Meldungen und der Tatsache, dass die über die Meldestelle eingehenden Hinweise regelmäßig auch Themen beinhalten werden, die unter das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) fallen, dürften sich hierfür insbesondere Mitarbeiter:innen mit juristischen Kenntnissen anbieten.
Darüber hinaus besteht jedoch auch die Möglichkeit, die interne Meldestelle von einer oder mehreren unternehmensexternen Person(en), beispielsweise einem Rechtsanwalt, betreuen zu lassen.
Einführung des Hinweisgebersystems proaktiv kommunikativ begleiten
Wir empfehlen, die Einführung des Hinweisgebersystems gegenüber den Mitarbeiter:innen sowie den Lieferanten, Kunden und sonstigen Geschäftspartnern des Unternehmens proaktiv kommunikativ zu begleiten. So können etwa Führungskräfte mit entsprechenden Leitfäden ausgestattet und die Belegschaft über die internen Kommunikationskanäle über die Meldestellen informieren werden.
Hinweis auf das Hinweisgebersystem auf der Webseite des Unternehmens
In jedem Fall sollten betroffene Unternehmen auf ihrer Webseite auf das Hinweisgebersystem hinweisen, um neben den Mitarbeiter:innen auch Kunden, Lieferanten und anderen Geschäftspartnern eine Meldung an die interne Meldestelle zu ermöglichen. In der Praxis hat es sich zudem bewährt, den Hinweis auf das Hinweisgeberschutzgesetz durch entsprechende FAQs zum Ablauf des Meldevorganges zu flankieren.
Sie benötigen Hilfe oder haben Fragen?
Selbstverständlich unterstützen wir Sie gerne bei der Einrichtung und beim Betrieb eines gesetzeskonformen Hinweisgebersystems und den verschiedenen Umsetzungsmaßnahmen und stehen Ihnen bei Fragen zur Umsetzung der Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes jederzeit zur Verfügung.