Ermittlung der rechtskonformen Betriebsratsvergütung

Umgang und Verhandlungen mit dem Betriebsrat

Berechnung der Betriebsratsvergütung

Das Amt des Betriebsrats ist ein Ehrenamt. Für die Tätigkeit im Betriebsrat erhalten dessen Mitglieder keine Vergütung. Die Betriebsratsmitglieder sind für die Zeit der erforderlichen Betriebsratstätigkeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Ab mehr als 200 Arbeitnehmern ist mindestens ein Betriebsratsmitglied vollständig für die Betriebsratsarbeit freizustellen. Die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder steigt mit der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer.

Gerade für vollständig für die Betriebsratsarbeit freigestellte Betriebsratsmitglieder stellt sich die Frage der richtigen Bemessung der Höhe der Vergütung. So entwickeln sich andere Mitarbeiter im Betrieb weiter, erhalten besser dotierte Positionen, bekommen Gehaltserhöhungen usw. Bei den freigestellten Betriebsratsmitgliedern erfolgt dies so nicht. Denn sie erbringen während der Freistellung keine Arbeitsleistung. Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Urteilen Maßstäbe für die Vergütungsbemessung entwickelt. Ein vielbeachtetes Urteil des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 10.1.2023 – 6 StR 133/22) zur Verwirklichung des Untreuetatbestands bei der Gewährung einer zu hohen Vergütung an Betriebsräte sorgt jedoch für viel Unsicherheit

Mindestvergütung

Das Gesetz regelt in § 37 Abs. 4 BetrVG zunächst, dass das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Eine Erhöhung des Entgelts orientiert sich gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG an betriebsüblichen Karrieren. Ein betriebsüblicher Aufstieg ist dann anzunehmen, wenn die Mehrzahl vergleichbarer Arbeitnehmer diesen Aufstieg erreicht hat (BAG, Urt. v. 21.2.2018 – 7 AZR 496/16, NZA 2018, 1012). Für die Bildung der Vergleichsgruppe heranzuziehen sind grundsätzlich nur Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme (nicht Freistellung) ähnliche Tätigkeiten wie das jeweilige Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und dafür in gleicher Weise fachlich und persönlich qualifiziert waren. Eine vollständig identische Tätigkeit der Kollegen ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die qualifizierte Tätigkeit „im Wesentlichen“ gleich ist. Die Vergleichsgruppe kann sich aber auch ändern, insb. im Falle einer Beförderung (BAG, Urt. v. 23.11.2022 – 7 AZR 122/22). Handelt es sich um eine sehr kleine Vergleichsgruppe und lässt sich deshalb nicht feststellen, dass die Gehälter der Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in gleichem Umfang erhöht wurden, kann für den Gehaltsanpassungsanspruch des Betriebsratsmitglieds der Durchschnitt der den Angehörigen der Vergleichsgruppe gewährten Gehaltserhöhungen maßgebend sein, wenn nur auf diese Weise eine unzulässige Begünstigung oder Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds vermieden werden kann.

Das BAG erlaubt es den Betriebsparteien, konkretisierende betriebliche Vereinbarungen zu § 37 Abs. 4 BetrVG zu treffen, so bspw. zur Ermittlung vergleichbarer Arbeitnehmer. Arbeitgeber und Betriebsrats müssen sich dabei im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegen (BAG, Urt. v. 18.1.2017 – 7 AZR 205/15).

Das Gesetz intendiert jedoch nicht lediglich den Schutz einer Mindestvergütung des Betriebsratsmitglieds. Ein unmittelbarer Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung kann sich auch aus § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. § 78 S. 2 BetrVG ergeben, wenn die Zahlung einer geringeren Vergütung eine Benachteiligung wegen der Betriebsratstätigkeit bedeutet (BAG, Urt. v. 23.11.2022 – 7 AZR 122/22). Ein Anspruch auf Gewährung einer höheren Vergütung kann sich ergeben, wenn eine Beförderung des Betriebsratsmitglieds auf eine ausgeschriebene höher dotierte Stelle wegen der Betriebsratstätigkeit verwehrt wurde. Das Betriebsratsmitglied muss in einem Rechtsstreit zur Überzeugung des Gerichts darlegen und beweisen, dass ihm ohne das Betriebsratsamt die höherwertige Tätigkeit tatsächlich übertragen worden wäre (BAG, Urt. v. 20.1.2021 – 7 AZR 52/20, NZA 2021, 864).

Eine Vergütungserhöhung kann nicht damit begründet werden, dass das Betriebsratsmitglied mit der Geschäftsleitung „auf Augenhöhe verhandelt“ hat. Ebenso wenig von Relevanz ist, ob sich das freigestellte Betriebsratsmitglied während der Betriebsratstätigkeit besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, soweit sie nicht im Zusammenhang mit der bisherigen Arbeitstätigkeit stehen.

Gewährt ein Vorstand bzw. Geschäftsführer oder auch ein Prokurist unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt, kann dies den Straftatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB erfüllen. Es kommt nicht darauf an, ob die Aktionäre, Gesellschafter etc. die Überzahlung kannten und damit einverstanden waren. Erweist nicht eine Vergütung als zu hoch, ist sie insoweit nichtig. Es bedarf zur Korrektur also keiner Änderungskün¬digung. Vielmehr ist die zutreffende Vergütung zu gewähren. Der Arbeitgeber muss also die Vergütungszahlung im Umfang des unzulässigen Teils einstellen.

Vorschlag einer Gesetzesänderung

Die Bundesregierung hat auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, wie die gesetzlichen Regelungen ergänzt werden können. Der Entwurf sieht klarstellende Ergänzungen der §§ 37 Abs. 4 und 78 BetrVG vor, um die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ins Gesetz zu übernehmen.

So soll künftig die Bestimmung der Vergleichsgruppe – wie vom Bundesarbeitsgericht entwickelt – ausdrücklich geregelt werden. Eine Konkretisierung der Rechtsprechung, in welchen Fällen eine Neubestimmung der Vergleichsgruppe aus sachlichen Gründen erforderlich wäre, ist nicht vorgesehen. Indessen soll eine Kodifizierung der Möglichkeit betrieblicher Regelungen zur Vergleichbarkeit vorgesehen werden. Eine gerichtliche Überprüfung soll auf Fälle der groben Fehlerhaftigkeit beschränkt sein. Hinzu kommt, dass die Betriebsparteien konkrete Vergleichspersonen in Textform benennen können sollen.

Die in § 78 BetrVG vorgeschlagene Ergänzung soll einer Konkretisierung der Verbotsnorm in Bezug auf den beruflichen Aufstieg zur Vermeidung von beruflichen Nachteilen (bzw. sachwidrigen Begünstigungen) dienen. So soll klargestellt werden, dass eine Begünstigung oder Benachteiligung im Hinblick auf das gezahlte Entgelt nicht vorliegt, wenn das Betriebsratsmitglied in seiner Person die für deren Gewährung erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.

Fazit

Betriebsräten wird es auch bei Umsetzung der Kommissionsvorschläge schwerfallen, einen hypothetischen hierarchischen Aufstieg zu belegen. Der Vorschlag sieht keine inhaltlich neuen Regelungen vor, sondern hat den Anspruch, die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Gesetzesform zu gießen. Auf diese Weise soll auch die Unsicherheit durch das Urteil des BGH beseitigt werden, ob neben § 37 Abs. 4 BetrVG auch § 78 S. 2 BetrVG gilt.

Weiterführende Informationen: