Für Displaymarketing oder Search Engine Marketing zahlen deutsche Unternehmen viel Geld an ausländische Anbieter von Werbeleistungen. Jetzt nehmen deutsche Finanzämter die Werbetreibenden auf Zahlung von Quellensteuern in Anspruch. Dabei handelt es sich technisch um eine Steuer des Vergütungsgläubigers (dem Anbieter der Werbeleistung), die vom deutschen Kunden als dem Vergütungsschuldner einzubehalten, anzumelden und abzuführen sei.
In der Praxis wurde die Steuer bislang im Normalfall nicht einbehalten. Finanzämter versuchen jetzt, die Quellensteuer von deutschen werbenden Unternehmen durch Haftungs- oder Nachforderungsbescheid zu bekommen. Die Effektivbelastung beträgt 18,8 Prozent des an den Anbieter gezahlten Umsatzes, da die Übernahme der Steuer ebenfalls als Teil der Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird. Im Ergebnis kostet eine Werbeleistung statt der vertraglich vereinbarten Vergütung von 100 € tatsächlich 118,80 €.
Ausländische Unternehmen sind mit bestimmten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig. Es geht vereinfacht um Einkünfte aus der Überlassung von Rechten, Kenntnissen oder Fertigkeiten. Im Geschäftsverkehr ist dies vor allem bei Lizenzen von Bedeutung. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass diese Rechte oder Fertigkeiten in Deutschland angewendet werden. Dies soll durch die Nutzung der Algorithmen des Portalbetreibers für Werbezwecke erfolgen. Das Finanzamt begründet damit eine Steuerpflicht des Anbieters auf die Werbeleistungen in Deutschland.
Für den Werbetreibenden ist das wichtig, denn die Steuer auf Einkünfte aus der Überlassung der Nutzung bestimmter Kenntnisse und Fertigkeiten wird im Steuerabzugsverfahren erhoben. Das heißt, dass der deutsche Kunde (Werbetreibender) die Steuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen hat.
Ob die Vergütung für Display- oder Search Engine Marketing tatsächlich unter diese Regeln fällt, ist bisher umstritten. Einige Finanzämter bejahen das in jüngerer Praxis der Betriebsprüfung.
Handlungsempfehlung
Eine „Reparatur“ von Altfällen ist schwer. Die Werbeverträge sehen typischerweise keinen Rückgriff auf den ausländischen Anbieter dieser Werbeleistungen vor. Es ist für betroffene Unternehmen in Deutschland wichtig, den Sachverhalt und die rechtliche Position bereits in der Betriebsprüfung sorgfältig aufzubereiten. So kann eine Nachbelastung idealerweise vor Veranlagung abgewehrt werden. Belastende Bescheide sollten angefochten werden – ganz egal, ob es sich dabei um Haftungs- oder Nachforderungsbescheide handelt.
Agenturen, die für ihre Kunden Display- und Bannerwerbung schalten, müssen darauf achten, mit dem Werbetreibenden einen Rückgriff auf diesen für sämtliche Aufwendungen, einschließlich etwaiger Steuern, zu vereinbaren. So kann die Definitivbelastung der Agentur als Leistungsmittler vermieden werden.
Die Anbieter der Werbeleistungen könnten diese Belastung durch eine Neuorganisation der Leistungsbeziehungen ausschließen – zum Beispiel durch einen deutschen Vertrieb mit Freistellungsbescheinigung des ausländischen Leistungserbringers.