Mit Ruhe und Erholung war es in einem Thai-Massagesalon vorbei, als auf dem Nachbargrundstück die Bagger anrückten. Ein altes Gebäude wurde abgerissen – ein neues errichtet. Das beeinträchtigte den Betrieb in dem Massagesalon. Die Räume, die der Mieter zur gewerblichen Nutzung als Thai-Massagesalon angemietet hatte, ließen sich durch die Beeinträchtigungen nicht mehr vertragsgemäß nutzen. Er verlangte eine Mietrückzahlung in Höhe von ca. 7.000 Euro und darüber hinaus eine Minderung seiner Gewerbemiete um 20 Prozent für die Dauer der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück.
Die Klage scheiterte in erster Instanz vor dem Landgericht (LG) Berlin. Im Berufungsverfahren vor dem KG Berlin war der Kläger jedoch weitgehend erfolgreich. Die Revision hat das KG Berlin nicht zugelassen.
Nutzung der Mieträume durch Baustelle beeinträchtigt
Für den 8. Zivilsenat des KG Berlin stand fest, dass der Betrieb des Massagesalons durch die Bauarbeiten nicht unerheblich beeinträchtigt war. Die gewerblich gemieteten Räume seien dem Lärm, Schmutz und Erschütterungen der unmittelbar, Wand an Wand, angrenzenden Baustelle erheblich ausgesetzt gewesen. Das haben die Kläger auch durch Fotos darlegen können. Die Aufnahmen zeigten Risse in Decken und Wänden durch die Abrissarbeiten. Diese vergrößerten sich durch die folgenden Tiefbauarbeiten noch. Diese Risse belegten nicht nur, dass der Bau zu Erschütterungen im Mietobjekt geführt habe, sondern seien auch ein Indiz für eine starke Lärmbelästigung, so das KG Berlin.
Durch diese Beeinträchtigungen sei die Tauglichkeit des Mietobjekts zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB nicht unerheblich gemindert. Solche erheblichen Nutzungsbeeinträchtigungen können auch einen Mangel an der Mietsache darstellen. Dem stehe nicht entgegen, wenn die Beeinträchtigungen durch Umwelteinwirkungen entstehen, die der Vermieter nicht zu verantworten hat, führte das Gericht weiter aus. Denn eine Mietminderung setze kein Verschulden des Vermieters voraus. Ein Mieter könne die Miete in einem solchen Fall selbst dann mindern, wenn der Vermieter keine Möglichkeit hat, den Mangel zu beseitigen, befand das KG Berlin.
Mietminderung berechtigt
Lärm und Erschütterungen durch die Baustelle gingen in dem vorliegendem Fall weit über das Maß hinaus, das von einer Nebenstraße in der Berliner City erwartet werden müsse. In dem Mietvertrag war die gewerbliche Nutzung der Räume als „Thai-Massagesalon“ vereinbart worden. Angesichts der Beeinträchtigungen durch die Baustelle sei hier die vertragsgemäße Nutzung noch deutlicher erschwert als in vielen anderen Geschäften des Einzelhandels. Die Nutzung sei mindestens so eingeschränkt wie bei Wohn- oder Büroräumen. Die geltend gemachte Mietminderung sei daher berechtigt, urteilte das KG.
Abgrenzung von BGH-Urteil
Damit grenzte sich das KG Berlin auch von einer Entscheidung des BGH vom 29. April 2020 deutlich ab (Az.: VIII ZR 31/18). Der BGH hatte festgestellt, dass eine Beeinträchtigung durch Baulärm von einem Nachbargrundstück keinen Mietmangel darstellt, der zur Mietminderung berechtigt. Dies gelte zumindest dann, wenn der Vermieter selbst keine Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten gegen den Baulärm hat und es keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung gibt.
Anders als der BGH hält das KG Berlin einen Mietmangel durch eine benachbarte Baustelle auch dann für möglich, wenn der Vermieter selbst keine eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit hat. Um Rechtsstreit zu vermeiden, sind gewerbliche Mieter und Vermieter daher gut beraten, eine Beschaffenheitsvereinbarung in den Mietvertrag zu integrieren.