Sanierung jetzt auch ohne Insolvenz!

 Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) erleichtert Sanierungen.

Sanierung jetzt auch ohne Insolvenz!

Ein Geschäftskonzept, von dem auch die Geschäftspartner überzeugt sind, obwohl die Zahlungsunfähigkeit droht? Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) unterstützt Unternehmen dabei, ohne Insolvenz durch die Krise zu kommen.

Sanierung ohne Insolvenz: Worum geht es?

Mit dem neuen Restrukturierungsrahmen stehen Unternehmen seit Januar 2021 erweiterte finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrumente außerhalb der Insolvenz zur Verfügung.

Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) ist im Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) geregelt. Anlass ist eine EU-Richtlinie, die europaweit ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren vorgibt. Das StaRUG soll allen Unternehmern, auch denen, die Covid-bedingt in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, neue Instrumente an die Hand geben, damit sie besser durch eine Krise kommen.

Mit dem Gesetz wurde ein entscheidender Schritt zur Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens im deutschen Recht gemacht. Es soll eine Brücke zwischen konsensualer Sanierung und Insolvenz schlagen.

Ziel des neuen StaRUG-Verfahrens ist es, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen. Das Gesetz ist seit 1. Januar 2021 in Kraft.

Wesentliche Instrumente

Das Gesetz zielt darauf ab, die Nachteile einer Insolvenz zu vermeiden, wie einen potentiellen Reputationsverlust, hohe Kosten und Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit der Geschäftsleitung. Zugleich sollen dem Unternehmen ausgewählte Sanierungsinstrumente aus dem Insolvenzrecht zur Verfügung stehen. Unter anderem wird ermöglicht, außerhalb eines Regelinsolvenz-, Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahrens in die Rechte bestimmter Gläubigergruppen einzugreifen. So kann z.B. verhindert werden, dass einzelne Gläubiger die Sanierung des Unternehmens blockieren. Die Geschäftsleitung soll selbständig mit Gläubigern verhandeln können und dies im Rahmen eines Restrukturierungsplans zusammenfassen. Der Plan selbst umfasst alle notwendigen Maßnahmen für eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens und wird den Gläubigern zur Abstimmung vorgelegt. Unterstützt wird der Prozess durch die Möglichkeit von Vollstreckungssperren. Sie können eingesetzt werden, um zu verhindern, dass Maßnahmen einzelner Gläubiger den Erfolg der Sanierung erschweren.

Für welches Unternehmen ist das neue Restrukturierungsverfahren gedacht?

Das Restrukturierungsverfahren richtet sich an alle Unternehmen, bei denen eine Insolvenz droht. Das bedeutet, dass Zahlungsunfähigkeit droht, das Unternehmen aber noch zahlungsfähig ist. Der Prognosezeitraum für die drohende Zahlungsunfähigkeit beträgt zwei Jahre. Somit ist ein Unternehmen drohend zahlungsunfähig, wenn es voraussichtlich in den kommenden zwei Jahren zahlungsunfähig wird.

Gründe für drohende Zahlungsunfähigkeit könnten sein:

  • die Krise dauert an
  • es können keine neuen Kunden gewonnen werden
  • Aufträge bleiben aus
  • Umsätze brechen ein
  • Zahlungen bleiben aus
  • Kosten steigen kontinuierlich
  • Banken geben keine Kredite mehr etc.

Voraussetzung für die Restrukturierung ist, dass die Aussicht auf eine Sanierung positiv ist. Bisher konnten Unternehmen in solchen Fällen Insolvenz beantragen und über das Insolvenzverfahren sanieren.

Unterschiede zum bisherigen Insolvenzverfahren

Mit dem neuen Gesetz ist es möglich, Sanierungsmaßnahmen auch außerhalb einer Insolvenz und sogar gegen den Willen einzelner Gläubiger umzusetzen. Voraussetzungen sind:

  1. Die Sanierung erfolgt ohne Insolvenzantrag.
  2. Der Unternehmer zeigt das Restrukturierungsvorhaben beim Amtsgericht an.
  3. Das Gericht stellt dem Unternehmer einen Restrukturierungsbeauftragten zur Seite.
  4. Der Unternehmer erarbeitet mit den Gläubigern einen Gesamtvergleich, den sogenannten Restrukturierungsplan, der von der Mehrheit der Gläubiger angenommen werden muss.
  5. Ziel ist die Sanierung des Betriebs.

Ablauf des Verfahrens

Zunächst ist neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit eine gründliche Vorbereitung des Restrukturierungsverfahrens entscheidend. Fachkundige Beratung ist hier geboten. Zur Vorbereitung gehört:

  • eine belastbare finanzielle Planung für mindestens 24 Monate
  • eine Übersicht der geeigneten Mittel für eine Restrukturierung
  • Einteilung der Gläubigergruppen
  • ggf. Auswahl bzw. Vorschlag eines Restrukturierungsbeauftragten

Entscheidend ist, dass der Unternehmer seine Gläubiger einbezieht. Ziel ist ein Restrukturierungskonzept, bzw. ein Restrukturierungsplan, der von 75 Prozent der Gläubiger angenommen wird.

Der Unternehmer zeigt das StaRUG-Verfahren vor Gericht an und leitet damit das Verfahren ein. Dazu legt er neben dem Restrukturierungskonzept die Bestätigung vor, dass das Unternehmen sich im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befindet.

Was ist wichtig im Restrukturierungsverfahren?

Im Restrukturierungsverfahren sind folgende Punkte entscheidend:

  • Der Unternehmer führt seinen Betrieb selbst weiter. Er bleibt im Drivers Seat.
  • Für die Annahme des Restrukturierungsplans genügt die Mehrheit der Gläubigerstimmen. Diese Mehrheit kann einzelne Gläubiger überstimmen. Dabei genügt es, wenn in jeder Gläubigergruppe eine Mehrheit von 75 Prozent erzielt wird. Auch können einzelne Gruppen überstimmt werden, wenn die Mehrheit der Gruppen dem Plan zustimmt.
  • Die Gruppen müssen nach sachgerechten Kriterien gebildet werden. Forderungen der Arbeitnehmer einschließlich der betrieblichen Altersversorgung sind darin nicht einbezogen.
  • Der Schuldner kann beim Restrukturierungsgericht einen Antrag auf Schutz vor Zwangsvollstreckung stellen. So können Gläubiger eine vielversprechende Sanierung nicht durch Zwangsmaßnahmen blockerien.

Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten

Der Restruktruierungsbeauftragte hat folgende Aufgaben:

  • Er überwacht das Verfahren.
  • Er unterstützt die mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmer oder Verbraucher, wenn über deren Forderungen im Restrukturierungsplan abgestimmt wird.
  • Auf Anordnung des Gerichts kann er die wirtschaftliche Lage des Betriebs überprüfen und den Zahlungsverkehr während des Restrukturierungsverfahrens überwachen.

Zusammenstellung der Gläubigergruppen

Das Zusammenstellen der Gläubigergruppen ist eine entscheidende Aufgabe beim Restrukturierungsverfahren. Ein Unternehmen kann sich unter sachgerechten Kriterien von vornherein auf bestimmte Gläubigergruppen beschränken – zum Beispiel Finanzgläubiger wie Banken oder Lieferanten. Zudem kann es entscheiden, bestimmte Gläubiger außen vor zu lassen. Das kann z.B. sinnvoll sein, wenn zu befürchten ist, dass Gläubiger, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert haben, die Ware bei Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit zurückfordern.

Notwendig sind weiter:

  • eine belastbare finanzielle Planung,
  • eine laufende Kommunikation mit den Gläubigern und
  • eine belastbare Planung, welche Mittel zur Restrukturierung geeignet sind.

Kosten des Verfahrens?

Es fallen Gerichtskosten zwischen 250 und 1500 Euro an. Wird ein RB hinzugezogen, soll dieser maximal 350 Euro pro Stunde abrechnen. Hinzu kommen Gerichtsgebühren für seine Bestellung und die Aufsicht von 500 Euro.

Praxistipp:

Ein erfolgreiches Restrukturierungsverfahren muss gründlich vorbereitet werden.

In der nahen Zukunft wird es nicht nur zu einer Vielzahl von Restrukturierungsverfahren geben, sondern auch Insolvenzen. Das stellt Schuldner und Gläubiger vor große Herausforderungen.

Für alle Unternehmer empfiehlt sich die Implementierung eines starken Risikomanagements, sowohl in Form eines Frühwarnsystems als auch eines Krisenmanagements, um Sanierungschancen auszuloten.

Für Gläubiger ist es unabdingbar, ein Risikomanagement zu etablieren zur Überwachung von:

  • Bonitätsprüfung der Bestandskunden und der Neukunden,
  • Forderungsmanagement im Betrieb und
  • Laufende Prüfung der Rechnungseingänge und Etablierung prüfen und Mahnwesen etablieren.

Dabei kann auch Legal Tech helfen, also zum Beispiel Softwareprogramme für Buchhaltung und Mahnwesen.

Bei allen Punkten sind wir gern behilflich.

Weitere Hinweise zu diesem und anderen gesellschaftsrechtlichen Themen findet man auch auf meinem Youtube-Kanal „Recht hat er!“.