Flächendeckender Mindestlohn in Deutschland.

 Auswirkungen auf Franchisesysteme

I. „MiLoG“: Ab dem 01. Januar 2015 gilt ein Mindeststundensatz von EUR 8,50

Am 16. August 2014 ist das „Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG)“ in Kraft getreten (BGBl I, S. 1348). Das MiLoG begründet einen Anspruch des im Inland beschäftigten Arbeitnehmers auf Zahlung eines Arbeitsentgeltes in Höhe des Mindestlohns. Dieser beträgt ab dem 01. Januar 2015 EUR 8,50 je Zeitstunde (§ 1 MiLoG). Arbeitgeber im Inland und im Ausland sind verpflichtet, jedem von ihm im Inland beschäftigten Arbeitnehmer ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns zu zahlen (§ 20 MiLoG).

Für Branchen mit darunter liegenden Tariflöhnen gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2016 (§24 MiLoG). Ausnahmen sieht das MiLoG u.a. für Praktikanten vor, die verpflichtend ein Praktikum absolvieren sowie für die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in den ersten sechs Monaten.

II. Ein Verstoß gegen das MiLoG wird teuer

Wer den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn vorsätzlich oder fahrlässig nicht zahlt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu EUR 500.000 geahndet werden kann (§ 21 Abs. 3 MiLoG).

Ebenso teuer kann die Beauftragung eines Werkunternehmers oder Dienstleisters werden, von dem der Auftraggeber weiß (oder fahrlässig nicht weiß), dass dieser den Auftrag ausführt, ohne den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Auch dann nämlich liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die ebenfalls mit einer Geldbuße von bis zu EUR 500.000 geahndet werden kann (§ 21 Abs. 3 MiLoG).

III. Auswirkungen auf Franchisesysteme

1. Anpassungsbedarf bei Verträgen auf EUR 450,00-Basis; branchenspezifische Anforderungen

Das MiLoG bringt zunächst neue Pflichten für Franchisegeber und Franchisenehmer in ihrer jeweiligen Eigenschaft als Arbeitgeber mit sich: Selbstverständlich gilt das MiLoG unmittelbar für die Beziehung des Franchisegebers und des Franchisenehmers zu seinen jeweiligen Arbeitnehmern, so dass der jeweils geltende Mindestlohn an diese zu entrichten ist.

Werden Mitarbeiter beschäftigt, die auf EUR 450,00-Basis arbeiten, sind ggf. Anpassungen im jeweiligen Arbeitsvertrag vorzunehmen: wenn dieser nämlich als Gegenleistung für die Vergütung von EUR 450,00 den Einsatz von 60 Stunden oder mehr im Monat vorsieht, wird der Mindestlohn faktisch unterschritten, da bei einem Mindeststundenlohn von EUR 8,50 lediglich 52,9 Stunden abgeleistet werden dürfen, um nicht über EUR 450,00 hinauszukommen.

Darüber hinaus gelten für Franchisegeber und Franchisenehmer, die Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 1 SGB IV (geringfügig Beschäftigte) oder in den in § 2 a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Bereichen (u.a. Gastronomie, Beherbergungsgewerbe, Baugewerbe, Fleischwirtschaft) beschäftigen, Aufzeichnungspflichten: sie sind verpflichtet, die täglichen Arbeitszeiten der Arbeitnehmer bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Tages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre lang aufzubewahren. Zudem sind sie verpflichtet, die für eine Überprüfung der Einhaltung des MiLoG erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache und mindestens für die Dauer der gesamten Werk- und Dienstleistung für die Prüfbehörden bereitzuhalten (§ 17 MiLoG).

2. Verhältnis Franchisegeber – Franchisenehmer

Im Verhältnis zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber selbst hat das MiLoG grundsätzlich keine Auswirkung. Der dieser Geschäftsbeziehung zugrunde liegende Franchisevertrag kann in der Regel weder als Werk-, noch als Dienstleistungsvertrag qualifiziert werden.  Der Franchisenehmer ist typischerweise lediglich berechtigt, im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegen Entgelt u.a. Namen, Marken, Schutzrechte und eigens entwickelte Ausstattungen des Franchisegebers beim Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen gewerblich zu nutzen. Inhalt des Franchisevertrags ist damit die „Gebrauchsüberlassung“ eines Geschäftssystems. Für eine Durchgriffshaftung auf den Franchisegeber durch (unterbezahlte) Dienstleister oder Werkunternehmer, die in Erfüllung eines Auftrages tätig werden, den ein Franchisenehmer erteilt hat, bietet das MiLoG daher keine Basis.

Auch wenn ein Franchisenehmer in seinem Betrieb Arbeitnehmer beschäftigt, ohne den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, ist dies nicht dem Franchisegeber anzulasten.

IV. Empfehlungen

Franchisegebern ist zu empfehlen, ihre jeweiligen Franchisepartner auf die Gesetzesänderung sowie die damit verbundenen neuen Pflichten ausdrücklich hinzuweisen und über die neuen Vorschriften auch im Rahmen der angebotenen Schulungen aufzuklären.

Insbesondere im Bereich des Vertriebsfranchisings, in welchem die einzelnen Partnerbetriebe in der Regel besonders eng in das Gesamtsystem eingegliedert sind, ist dem Franchisegeber anzuraten, ausführlich über die Neuerungen aufzuklären und sich dies auch von den Franchisepartnern bestätigen zu lassen.

Auf diese Weise kann der Franchisegeber zum Einen verhindern, dass Reputationsschäden für das System durch pure Unkenntnis von Franchisepartnern entstehen. Zum Anderen macht der Franchisegeber auf diese Weise seine „zero tolerance“- Einstellung gegenüber der Beschäftigung von Arbeitnehmern bzw. Werk- und Dienstleistern zu Dumpingpreisen deutlich. Sollte es also tatsächlich einmal im System zu Verstößen durch einzelne Franchisepartner kommen, ist es dem Franchisegeber sehr schnell möglich, sich von derartigen Praktiken zu distanzieren (ähnlich wie in Fällen von Schwarzarbeit).

Darüber hinaus ist eine Anpassung des Franchisevertrages dergestalt zu empfehlen, dass ergänzend zur Verpflichtung des Franchisenehmers, gesetzliche Bestimmungen zu beachten, die ausdrückliche Pflicht aufgenommen wird, nicht gegen solche Vorschriften zu verstoßen, die der Bekämpfung von Schwarzarbeit oder aber der Einhaltung der Zahlung von Mindestlöhnen dienen. Im Falle eines Verstoßes durch den Franchisepartner ist es dann – je nach Umständen des Einzelfalles – für den Franchisegeber leichter, eine Kündigung aus wichtigem Grund zu begründen.

Der Franchisegeber hätte dann nämlich bereits im Vertrag klargestellt, dass die Einhaltung solcher Vorschriften eine wesentliche Grundlage des Vertragsverhältnisses bildet. Eine für ein außerordentliches Kündigungsrecht erforderliche Zerstörung des Vertrauensverhältnisses kann dann nachvollziehbar dargelegt werden. Dahinter steht auch die Überlegung, dass ein milderes Mittel (z.B. eine Vertragsstrafe) nicht der Schwere des Verstoßes gerecht werden dürfte. Außerdem kann nur mit einer klaren Ablehnung derartiger Praktiken und der dann auch folgenden Kündigung ein klares Signal an die anderen (gesetzestreuen) Franchisepartner gesendet werden, dass der Franchisegeber die Zahlung von Minderlöhnen weder toleriert noch akzeptiert.

Abschließend ist auch zu beachten, dass die Kalkulationen, die der Franchisegeber den Franchisepartnern (insbesondere in der vorvertraglichen Phase) zur Verfügung stellt, keine Positionen enthalten sollten, die mittels Unterschreiten von Mindestlöhnen berechnet werden: überlässt ein Franchisegeber einem (zukünftigen) Franchisenehmer eine Kalkulation, in der beispielsweise die Position „Personalkosten“ unter Berücksichtigung von unter dem Mindestlohnniveau liegenden Löhnen errechnet wird, muss der Franchisegeber damit rechnen, von dem Franchisenehmer für Schäden in Anspruch genommen zu werden, die diesem im Vertrauen auf die Richtigkeit der Berechnung entstehen, zumal, wenn für den Franchisenehmer nicht erkennbar war, dass mit Minderlöhnen gerechnet wurde.

Um ab dem 01. Januar 2015 gut aufgestellt zu sein, werden daher vor allem diejenigen Franchisesysteme ihre Dokumentation und ihre Kalkulationen überprüfen und ggf. auch anpassen müssen, die ihre Leistungen in Branchen anbieten, in denen typischerweise geringfügig Beschäftigte und weniger qualifizierte Kräfte tätig sind. Hierzu dürften neben der Gastronomie auch insbesondere Lieferservices und Anbieter von Reinigungsleistungen gehören.