Teil II Ehevertrag:
Aufhebung des Güterstands und nachträglicher Zugewinnausgleich.

Teil II Ehevertrag: Aufhebung des Güterstands und nachträglicher Zugewinnausgleich.

In Teil I Ehevertrag haben wir dargestellt, wie zu Lebzeiten und ohne Scheidung die Durchführung des Zugewinnausgleichs erreicht werden kann, beispielsweise um die steuerlichen Freibeträge für Schenkungen an die Kinder optimal auszunutzen.
Teil II zum Ehevertrag beschäftigt sich damit,

  1. aus welchen Gründen der Abschluss eines Ehevertrags zum Zweck des Ausschlusses oder der Modifizierung des Zugewinnausgleichs sinnvoll sein kann und
  2. warum das nach einer langjährigen Ehe in manchen Fällen wieder rückgängig gemacht werden sollte.

1. Gütertrennung und modifizierte Zugewinngemeinschaft

Die wichtigsten Motive für den Abschluss eines Ehevertrags zur Vereinbarung des Güterstandes sind:

  • Ein Ehegatte hat ein eigenes Unternehmen, gleich in welcher Rechtsform;
  • Ein Ehegatte bringt eine wertvolle Immobilie in die Ehe ein oder erwartet eine Erbschaft mit einem Unternehmen oder Immobilien im Nachlass.

Wenn die Ehegatten keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, ist im Fall der Scheidung der Zugewinnausgleich durchzuführen. Vereinfacht bedeutet das: Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn in seinem Vermögen während der Ehezeit muss an den anderen die Hälfte des Unterschieds – in Geld – ausgleichen.

Eigenes Unternehmen: Das Unternehmen wird mit dem Verkehrswert im Vermögen des Unternehmer-Ehegatten bewertet. Hat er/sie das Unternehmen –mit partnerschaftlicher Unterstützung – während der Ehe aufgebaut und ist der Zugewinn ansonsten gleich, muss er bei einer Scheidung die Hälfte des Wertes als Geldbetrag bezahlen. Der in der Vergangenheit erzielte Gewinn bestimmt regelmäßig den Unternehmenswert. Zugleich werden aber auch die – oft hohen – Einkünfte, die er durch das Unternehmen erzielt, der Berechnung des zu leistenden Unterhalts zugrunde gelegt. Beispiel: Wert des Unternehmens 1 Million Euro, Ausgleichsanspruch 500.000 Euro, bei Ausspruch der Scheidung zur Zahlung fällig. In vielen Fällen wird dies das Aus des Unternehmens bedeuten.

Wertvolle Immobilien oder Erbschaft: Die eingebrachte Immobilie und die Erbschaft sind zwar grundsätzlich nach dem Gesetz vom Zugewinnausgleich ausgenommen; dies gilt aber nicht für Wertsteigerungen während der Ehezeit. Beispiel: Eine Angestellte mit durchschnittlichem Einkommen, verheiratet seit 2002, erbt 2003 ein Haus in Berlin, in dem die Ehegatten danach leben. Zu diesem Zeitpunkt ist das Haus 300.000 Euro wert. 2021 reicht sie die Scheidung ein, und das Haus ist 1.500.000 Euro wert. Wenn im Übrigen der Zugewinn gleich ist, muss sie nun für die Wertsteigerung Zugewinnausgleich bezahlen, also die Hälfte von 1.200.000 Euro = 600.000 Euro bei Ausspruch der Scheidung in Geld ausgleichen. Wahrscheinlich wird sie dafür das geerbte Haus verkaufen müssen.

Diese oft als ungerecht empfundenen Rechtsfolgen lassen sich nur durch den Abschluss eines Ehevertrags vermeiden.

Praxistipp:
Statt einer vielfach nicht gewünschten Gütertrennung kann der gesetzliche Güterstand modifiziert werden (sogenannte „modifizierte Zugewinngemeinschaft“). Hier wird vereinbart, dass bestimmte Vermögensgegenstände, beispielsweise das Unternehmen oder die Wertsteigerung von geerbtem Vermögen, vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden.

2. Korrektur des ursprünglichen Ehevertrags

Wenn die Ehegatten, als sie geheiratet haben, einen Ehevertrag wie im 1. Abschnitt beschrieben abgeschlossen haben, lohnt sich nach einer langjährigen Ehe oft die Prüfung, ob nicht der Abschluss eines weiteren Ehevertrags angesagt ist. Hierfür sind dann meist steuerliche Gründe maßgeblich.

Sind die Ehegatten kinderlos, droht dem überlebenden Ehegatten, der einen geringeren Zugewinn während der Ehe erzielt hat, beim Tod seines Partners hohe Erbschaftssteuer. Der Zugewinnausgleich ist vertraglich ausgeschlossen oder modifiziert, und wird für das (fast) gesamte Vermögen des verstorbenen Ehepartners Erbschaftsteuer fällig. Der Freibetrag von 500.000 Euro hilft dann nicht mehr viel, und beispielsweise auf die Immobilie mit einem Wert von 1.500.000 Euro müssen dann auch mit seiner Inanspruchnahme 190.000 Euro ans Finanzamt bezahlt werden.

Selbst wenn die Ehepartner Gütertrennung haben, können sie, aber natürlich nur zu Lebzeiten, nachträglich – und rückwirkend! – Zugewinngemeinschaft vereinbaren, und sie können sogar, wie in Teil I Ehevertrag beschrieben, gleich einen konkreten Ausgleichsbetrag festlegen. Dieser kann bis zum Tod gestundet werden, in seiner Höhe wird dann aber keine Erbschaftsteuer angesetzt.

Anmerkung: Bei der selbstgenutzten Immobilie wäre eine Schenkung des Familienheims mit Rückforderungsvorbehalt für den Fall der Scheidung oder Tod der/s Beschenkten bevorzugt anzuraten.

Haben die Ehegatten Kinder, so wird es sich vielleicht empfehlen, die Gütertrennung bzw. die Modifizierung der Zugewinngemeinschaft rückgängig zu machen und einen zu zahlenden Zugewinnausgleich festzulegen, um bei dem weniger vermögenden Ehepartner Freibeträge für die Schenkung/Erbschaft an die Kinder zu erzeugen (siehe Teil I Ehevertrag).

Praxistipp:
Im Rahmen der Steuergestaltung empfehlen wir oft, den Zugewinnausgleichsanspruch im Zusammenhang mit einem solchen Vertrag gleich auszurechnen und fällig zu stellen (ggfs. mit Stundung bis zum Tod). Dann muss er nur nachvollziehbar berechnet werden, wird aber nicht, wie im Todesfall, durch die Wertermittlung des Bewertungsgesetzes begrenzt. Er kann also durchaus wesentlich höher angenommen werden und so zu weiterer Steuerersparnis führen.