ESG: Der Weg zu klimaneutralen Immobilien.

 
EU Gebäuderichtlinie: CO2-neutrale Gebäude bis 2050 – Abkehr vom Gas ermöglichen und „stranded assets“ vermeiden.

ESG: klimaneutrale Immobilien

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen bis 2050 rund 240 Millionen Gebäude in Europa klimaneutral umgebaut werden. Das stellt Immobilienbranche, Kommunen und Gebäudeeigentümer vor eine Herkulesaufgabe. Eine Lösung liefern innovative Konzepte für die Wärme- und Kälteversorgung von Stadtteilen und Quartieren wie in Hamburg Oberbillwerder.

Immobilien verbrauchen 40 Prozent der Energie in Europa und sind damit der größte Energiekonsument. Zugleich verursachen Gebäude 36 Prozent der europäischen Treibhausgasemissionen. Drei von vier Häusern sind energetisch ineffizient. Deshalb will die EU Kommission mit Blick auf den Europäischen Green Deal die Renovierung und Dekarbonisierung von Gebäuden fördern. Bis 2050 sollen die rund 240 Millionen Immobilien in Europa klimaneutral umgebaut werden. Brüssel geht es mit dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden nicht nur um Klimaschutz. Schon als die Kommission die Pläne Ende Dezember vorstellte, zielte sie auch auf Energieautarkie und bezahlbare Heizkosten ab. Jetzt ist das Thema umso aktueller. Jede zweite Heizung in Deutschland wird laut dem Marktforschungsinstitut Statista mit Gas betrieben und ist somit direkt von den steigenden Gaspreisen betroffen.

Mammutaufgabe für die Immobilienbranche

Immobilienbranche und Kommunen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie müssen die CO2-Bilanz von Wohn- und Gewerbeimmobilien im Bestand verbessern. Zugleich muss die Wohnungswirtschaft auskömmliche Renditen erzielen, die Mieten aber bezahlbar bleiben. Eine herausragende Rolle spielt deshalb in Zukunft die gemeinsame Versorgung im Quartier. So können mit einem Schlag nicht nur einzelne Neubauten, Bestandsgebäude und Sanierungsobjekte, sondern ganze Quartiere zur Klimawende beitragen. Zudem verhindern Konzepte für eine nachhaltige Wäme- und Kälteversorgung des gesamten Stadtteils, dass es infolge der Klimawende zu sogenannten „stranded assets“ im Bestand kommt, welche die von der EU geforderten Anforderungen an Energieeffizienz nicht erfüllen können.

Die Lösung liegt in Konzepten für Stadtteile und Quartiere

In Hamburg fiel jetzt der Startschuss für ein zukunftsweisendes Projekt für ganz Deutschland. Der neue Stadtteil Oberbillwerder soll zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Um dies zu realisieren, hat die IBA Projektentwicklungs GmbH & Co. KG (IPEG) Anfang April einen Wärme- und Kältekonzessionsvertrag an die Kommunalpartner Hamburg GmbH vergeben, der eine zugleich sichere, bezahlbare, nachhaltige und ressourcenschonende Wärme- und Kälteversorgung als ehrgeiziges Ziel festsetzt.

Durch Nutzung von Abwasserwärme werden künftige Anforderungen an Nachhaltigkeit schon heute erfüllt

Das Konzept der Kommunalpartner Hamburg GmbH basiert zu 90 Prozent auf Umweltwärme, Abwärme und Kopplung des Wärme- und Kältenetzes, was eine hohe Versorgungssicherheit und Preisstabilität garantiert. Die bislang in Hamburg weitgehend ungenutzte Abwasserwärme stellt dabei den überwiegenden Anteil der künftig in dem neuen Stadtteil genutzten Wärmeenergie. Gerade im verdichteten städtischen Raum steckt im Abwasser erhebliches energetisches Potenzial. Wärmepumpen werden sowohl die Umweltwärmequelle Luft nutzen als auch die Abwasserwärme in Zusammenarbeit mit dem städtischen Partner Hamburg Wasser. Der Einsatz der Wärmepumpen ermöglicht darüber hinaus die Wärme-Kälte-Kopplung. Sie ist ein wichtiger Baustein der geplanten Kälteversorgung etwa für Altersheime angesichts ansteigender Temperaturen, um weitere ökologische Vorteile zu realisieren. Auch die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf geeigneten Dach- und Freiflächen ist geplant, indem Flächen mehrfach genutzt werden. Nur ein geringer Anteil der Energieversorgung basiert auf Biogas, welches künftig auch durch Wasserstoff ersetzt werden kann. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, dass die Wärme bezahlbar bleibt, denn ein weiteres Ziel der Entwicklung von Oberbillwerder ist es, Wohnraum für Menschen mit unterschiedlichem Einkommen zu schaffen. Gemäß Masterplan-Zertifizierung der deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) erhielt das Projekt eine Platin-Auszeichnung.

Dank eines dynamischen Vertrags lässt sich künftig sogar CO2 einsparen

Unter Federführung unseres Hamburger Partners Markus Ruhmann hat die Kanzlei BUSE die IBA Hamburg GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Freien und Hansestadt Hamburg, bei der Konzeption und Durchführung eines Inhouse Vergabeverfahrens der Wärme- und Kältekonzession an das stadteigene Unternehmen KpHG Kommunalpartner Hamburg beraten. Die Inhouse-Vergabe war hier das geeignete Instrument, um Versorgungssicherheit und die Stadtentwicklung Oberbillwerders bei regenerativer Energieversorgung zu günstigen Wärmepreisen zu gewährleisten. Während bislang für die Energieversorgung überwiegend langfristige Verträge mit einem während der Laufzeit feststehenden technischen Konzept abgeschlossen wurden, ermöglicht es der von BUSE entwickelte dynamische Vertrag, das Konzept an die technische Entwicklung anzupassen. Im besten Falle kann durch regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung des technischen Konzeptes im Rahmen der Wärme-/Kälteversorgung nicht nur kein CO2 ausgestoßen, sondern eventuell sogar (bilanziell) CO2 „eingespart“ werden. Dies könnte helfen, die sogenannte „graue Energie“ bei der Errichtung von (Beton-)Neubauten über den Lebenszyklus einer Immobilie zu kompensieren.