Arbeitswelt 4.0: Teil 2 – Social Media.

 Worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Nutzung von Social Media Accounts achten sollten.

Arbeitswelt 4.0: Teil 2 - Social Media, Insight von Jan-Tibor Lelley, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Die Bedeutung von Social Media-Kommunikationsplattformen sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich ist groß. Eine Differenzierung zwischen privater und beruflicher Nutzung ist nicht immer eindeutig und rechtlich schwierig. Unternehmen müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen.

Laut einer Studie des Bundesverbandes der digitalen Wirtschaft e.V. unterhielten bereits im Jahr 2014 47 Prozent der befragten Unternehmen ein Profil in sozialen Netzwerken. Mit der eigenen Darstellung auf Facebook oder in beruflichen Netzwerken wie Xing und LinkedIn bauen Unternehmen ihr Marketing aus und betreiben Kundenwerbung und -akquise. Neben der Homepage stellen solche Unternehmensprofile eine zentrale Anlaufstelle für Bewerber und Interessenten dar. Gerade im Bereich Marketing ist es für den Arbeitgeber vorteilhaft, Arbeitnehmer mit der Repräsentation des Unternehmens zu beauftragen. Sie werden beispielsweise mit der Pflege des Unternehmensprofils mit Beiträgen und Posts oder mit der Kontaktaufnahme mit potentiellen Bewerbern in den beruflichen Netzwerken betraut. Im Rahmen der Studie wurden bei einem Viertel der Unternehmen eigene Mitarbeiter oder ganze Abteilungen für das Thema Social Media eingesetzt.

Die Nutzung von Social Media hat damit für Arbeitnehmer nicht mehr nur private Bedeutung, sondern verfolgt auch berufliche Ziele. Gerade in den beruflichen Netzwerken verschwimmt die Grenze zwischen privater und beruflicher Nutzung. Das passiert gerade dann, wenn Arbeitnehmer ihre privaten Profile zum Beispiel für die Kontaktpflege zu (potentiellen) Kunden oder zu Bewerbern verwenden.

Der vermehrte Einsatz von Social Media wirft aktuelle arbeitsrechtliche Fragen auf. Diskutiert wird vor allem:

  • Wem gehören die Social Media-Konten eigentlich?
  • Welche Folgen kann es haben, wenn Arbeitnehmer sich negativ im Social Media-Bereich äußern?
  • Sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch Social Media gefährdet?

Der sorglose Umgang mit Social Media kann für den Arbeitgeber und für den Arbeitnehmer schwerwiegende Folgen haben.

Mein oder Dein? Der Streit um Social Media-Kontakte

Gerade in den beruflichen Netzwerken betreiben Arbeitnehmer Kontaktpflege mit Kunden, Bewerbern oder potentiellen Geschäftspartnern des Arbeitgebers. Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber regelmäßig ein wirtschaftliches Interesse daran, die vom Arbeitnehmer gesammelten Kontakte zu erhalten. Verlässt ein Arbeitnehmer das Unternehmen, stellt sich häufig die Frage der rechtlichen Zuordnung von Datensätzen wie Kontakten oder Followern des Social Media Accounts. Nach herrschender Meinung kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, alle Kontakte herauszugeben, die der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses erlangt hat. Dies gilt auch für geschlossene Geschäftskontakte. Es ist unerheblich, ob Informationen in Form von Visitenkarten, Kundenkarteien oder rein virtuell gesammelt wurden. Auch für Social Media-Kontakte besteht eine Herausgabepflicht.

Bei rein dienstlichen Accounts ist die Frage, ob der Arbeitnehmer die Kontakte während seiner Tätigkeit erlangt hat, unproblematisch. Von einer rein dienstlichen Nutzung wird ausgegangen, wenn der Account dem Namen nach funktions- beziehungsweise unternehmensbezogen ist. Dies ist regelmäßig bei Unternehmensprofilen der Fall. Der Arbeitnehmer ist im Falle eines Ausscheidens dazu verpflichtet, den Account inklusive der Zugangsdaten und aller gespeicherten Informationen herauszugeben. Schwieriger gestaltet sich die Frage bei gemischt genutzten Accounts. Besonders in beruflichen Netzwerken werden die zuvor privat genutzten Konten für die Dauer des Anstellungsverhältnisses eher der geschäftlichen Nutzung gewidmet. Um eine geschäftliche Nutzung darlegen zu können, sollte nach dem äußeren Erscheinungsbild abgegrenzt werden. Hierfür kommt eine Reihe von Kriterien in Frage – wie zum Beispiel, ob der Arbeitgeber die Kosten für einen Premium-Account getragen hat oder unter welchem Namen der Account geführt wird. Aufgrund der vielen Möglichkeiten führt kein Weg an einer Einzelfallprüfung vorbei.

Ist der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, die Zugangsdaten nach Ausscheiden aus dem Unternehmen herauszugeben, steht ihm das Recht zu, die personenbezogenen Daten privater Natur zu löschen.

Sofern die Kontaktaufnahme zwischen dem Arbeitnehmer und Geschäftspartner im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit erfolgt, können die Kontakte zudem Geschäftsgeheimnisse darstellen. Verlässt der Arbeitnehmer das Unternehmen, kommt ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht. Dann darf der Arbeitnehmer die Kontaktdaten nicht weiter verwenden und muss die Kontakte löschen.

Wenn ein Unternehmen aber tatsächlich seinen Anspruch auf Herausgabe oder Unterlassung durchsetzen will, kann das schwierig werden, denn aller Erfahrung nach gibt es Darlegungs- und Beweislastschwierigkeiten. Der Arbeitgeber muss einen positiven Nachweis führen, dass der Arbeitnehmer während seiner Beschäftigungszeit im Unternehmen geschäftsrelevante Kontakte gewonnen hat. Dies ist in der Praxis schwierig. Dann gilt es, eine weitere Hürde im Rahmen des Datenschutzrechtes zu überwinden, denn der Arbeitgeber hat bei gemischten Accounts keine Berechtigung, private Kommunikation und private Kontakte des Arbeitnehmers einzusehen. Der Arbeitnehmer hat das Recht darauf, die von ihm privat erlangten Kontakte bei der Herausgabe der Daten unkenntlich zu machen. Unternehmen haben also keine abschließende Kontrolle darüber, ob sie alle geschäftlichen Daten vom Arbeitnehmer erhalten.

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen? Meinungsfreiheit & Social Media

Den Fall, dass sich Arbeitnehmer in Social Media negativ über den Arbeitgeber äußern oder diskriminierende oder rechtswidrige Beiträge verfassen, verhandeln Arbeitsgerichte seit einigen Jahren immer häufiger. Zunehmend geht es um die Frage, wann Beiträge in sozialen Netzwerken in die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers fallen oder eine Kündigung rechtfertigen.

Ausgangspunkt ist, dass fast alle Beiträge in sozialen Medien Meinungsäußerung sind. Damit können sie unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit fallen. Die Meinungsfreiheit wird aber durch die allgemeinen Gesetze begrenzt. Nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gehören hierzu auch die Grundregeln über das Arbeitsverhältnis und damit die Treue- und Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers. Das bedeutet: Äußert sich der Arbeitnehmer negativ über den Arbeitgeber und beruht das auf Unwahrheiten, urteilt das BAG regelmäßig, dass grobe Beleidigungen des Arbeitsgebers, dessen Vertreter oder der Kollegen einen erheblicher Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflichten darstellen. Und das rechtfertigt grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung.

Weiter können auch private Äußerungen für den Arbeitgeber ruf- und geschäftsschädigend sein. Verfasst ein Arbeitnehmer, aus dessen Profil das Anstellungsverhältnis hervorgeht, rassistische und/oder menschenverachtende Äußerungen, schadet dies dem Ruf seines Arbeitgebers in der Öffentlichkeit. Ehrverletzende und herabwürdigende Äußerungen fallen ebenfalls nicht unter das Recht der Meinungsfreiheit und können zu einer außerordentlichen Kündigung führen. Ob die Äußerung ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten darstellt, ist jedoch in den meisten Fällen nicht eindeutig. Hier prüfen die Gerichte den Einzelfall – teilweise mit großem Aufwand.

Geschäftsgeheimnisse & Social Media – falsch verbunden?

Weiter stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer dazu verpflichtet sind, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei ihren Aktivitäten in den Sozialen Medien zu wahren?

Auch dort darf man die Unternehmensgeheimnisse nicht preisgeben. Die Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflicht umfasst alle Vorgänge und Tatsachen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bekannt werden und deren Geheimhaltung im Interesse des Unternehmens liegt. Verschwiegenheit wird als eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht angesehen, kann aber auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Die Verschwiegenheitspflicht besteht nur dann nicht, wenn die Tatsache offenkundig und von jedermann in Erfahrung gebracht werden kann.

Handlungsempfehlung für Unternehmen

Vorsicht ist besser als Nachsicht: Unternehmen sollten zum Schutz der Arbeitnehmer und des Unternehmens verbindliche Regelungen für die dienstlich veranlasste Nutzung von Social Media treffen.

Um negativen und potentiell schädlichen Aussagen vorzubeugen, muss man Arbeitnehmer über die Risiken und Folgen unüberlegter Handlungen auf Social Media-Plattformen aufklären. Dafür stehen dem Arbeitgeber neben Schulungen auch Weisungen nach dem Direktionsrecht zur Verfügung. Das Direktionsrecht ermöglicht es dem Unternehmen, einseitig gestaltend auf das Arbeitsverhältnis einzuwirken. Weiter bietet sich als Ergänzung zum Arbeitsvertrag eine Social Media Guideline an.

In der Guideline werden die bestehenden arbeitsvertraglichen oder gesetzlichen Haupt- und Nebenpflichten spezifiziert und detailliert klargestellt, ohne die Pflichten des Arbeitnehmers zu erweitern. Wir unterscheiden, ob Aktivitäten in sozialen Netzwerken beruflich oder privat veranlasst sind. Im Rahmen der beruflichen Nutzung können wir dem Arbeitnehmer inhaltliche Vorgaben machen, was im Namen des Unternehmens veröffentlicht werden soll beziehungsweise darf. Bei ausschließlich privaten Aktivitäten ist die Regelungskompetenz des Arbeitgebers grundsätzlich ausgeschlossen. Es sollte jedoch auf die arbeitsvertraglichen Pflichten (Rücksichtnahme!) sowie auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers hingewiesen werden.

Wenn ein Betriebsrat im Unternehmen besteht, sind die Regelungen einer Social Media Guideline auf mögliche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu prüfen. Wir empfehlen, die Social Media Guideline in Form einer Betriebsvereinbarung umzusetzen. Neben der Einhaltung möglicher Mitbestimmungsrechte ist die Betriebsvereinbarung bei den Arbeitnehmern besser akzeptiert als eine einseitig erlassene Richtlinie. Es gilt der alte Grundsatz: Gute Hirten führen sanft.