Auswirkungen der Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie auf den Widerruf von Franchiseverträgen.

Mit Wirkung zum 13.06.2014 sind in Deutschland aufgrund der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 („VRRL“) eine Reihe von Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die auch im Bereich des Franchising von Bedeutung sind.

I. Ausgangslage

Bei Verträgen, die die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand haben, steht einem Verbraucher gemäß §§ 510 Abs. 1 Nr. 3, 355 BGB grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Dieses Widerrufsrecht gilt gemäß § 512 BGB auch für natürliche Personen, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen, es sei denn, der Nettodar­lehensbetrag oder Barzahlungspreis übersteigt € 75.000,00. Nachdem es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung zum Widerrufsrecht eines Franchisenehmers fehlt, wird in der Rechtsprechung vielfach von der gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung eines Franchisenehmers über ein Widerrufsrecht für den Fall angenommen, dass der zugrunde liegende Franchisevertrag eine unmittelbare oder eine mittelbare Bezugsverpflichtung bzw. Bezugsbindung enthält. Die Vorschrift des § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB über Ratenlieferungsverträge wird insoweit analog angewendet.

Das Widerrufsrecht für bis zum 12.06.2014 abgeschlossene Franchiseverträge ist insoweit wie folgt ausgestaltet:

Ein Franchisenehmer, dem ein Widerrufsrecht zusteht, kann seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. widerrufen. Der Widerruf muss gegenüber dem Franchisegeber in Textform oder durch Rücksendung der Ware erfolgen. Die Frist für den Widerruf beträgt gemäß § 355 Abs. 2 BGB a.F. 14 Tage. Die 14-tägige Frist beginnt zu laufen, wenn dem Franchisenehmer eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform zugegangen ist. Eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F. genügende Widerrufsbelehrung lag vor, wenn der Franchisegeber das Muster in der Anlage 1 zum EGBGB verwendete. Erfolgte die Belehrung trotz Vorliegen des Erfordernisses nicht oder war sie fehlerhaft, begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Franchisenehmer konnte den Widerruf zeitlich unbefristet erklären.

Auf Altverträge, d.h. bis zum 12.06.2014 geschlossene Franchiseverträge, bleiben gemäß Art. 229, § 32 Abs.1 EGBGB n.F. (Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung) die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Vorschriften anwendbar.

Zwar sieht Art. 229, § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB n.F. eine zeitliche Begrenzung für vor dem 13.06.2014 bestehendeDienstleistungsverträge vor. Allerdings gilt dies ausweislich des Satzes 1 der Norm nur für den Bereich der Fernabsatzverträge. Da es sich bei Franchiseverträgen in der Regel nicht um Fernabsatzverträge handelt, unterfallen diese damit nicht der Begrenzung. Eine vordem 13.06.2014 erfolgte unzureichende Widerrufsbelehrung führt damit weiterhin zu einem zeitlich unbegrenzten Widerrufsrecht des Franchisenehmers.

Für Altverträge, in denen nicht oder nur fehlerhaft belehrt wurde, bleibt es daher bei dem Damoklesschwert der dauerhaften Widerrufbarkeit. Die Gesetzesänderungen haben hier keine Klarstellung zur Folge.

II. Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf das Widerrufsrecht

Mit Wirkung ab dem 13.06.2014 haben sich die Regelungen zum Verbraucherschutz und damit verbunden auch die Regelungen zum Widerrufsrecht als Folge der Umsetzung der VRRL über die Rechte der Verbraucher geändert, welche in Deutschland durch Einführung des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (Bundesgesetzblatt 2013 Teil I Nr. 58 vom 27.09.2013, S. 3642) erfolgte.

Auch danach sind Franchisenehmer im Rahmen des Vertriebsfranchisings zum Widerruf berechtigt. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 510 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 356 c BGB, 355 BGB n.F., die auch zukünftig ein Widerrufsrecht des Verbrauchers für den Fall des Abschlusses eines Ratenlieferungsvertrages begründen. Da die Rechtsprechung im Falle von Franchiseverträgen, in denen sich der Franchisenehmer zum wiederkehrenden Bezug von Ware verpflichtet, die Vorschrift des § 510 BGB über Ratenlieferungsverträge anwendet, ist weiterhin auf dieser Grundlage von einer Belehrungspflicht auszugehen. Eine Änderung des § 512 BGB ist nicht erfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass das – an sich mit Blick auf den Verbraucherschutz geänderte – Widerrufsrecht auch weiterhin auf „Existenzgründer“ anzuwenden sein wird.

Zentrale Vorschrift bleibt dabei § 355 BGB n.F. (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen), in dem die allgemeinen Rechtsfolgen für den Fall des Widerrufs normiert sind. Diese allgemeinen Regeln werden nach den §§ 356 ff. BGB n.F. für verschiedene Vertragstypen modifiziert.

Für den Widerruf von Vertriebsfranchiseverträgen ist grundsätzlich allein die Vorschrift des § 356 c BGB n.F. maßgeblich, sofern nicht gemäß § 510 Abs. 2 BGB n.F. der Franchisevertrag als Fernabsatzvertrag betrachtet wird oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wird, was jedoch nur in Ausnahmefall zutreffen dürfte:

Fernabsatzverträge sind gemäß § 312 c Abs. 1 BGB n.F. solche Verträge, bei denen der  Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der  Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gemäß  § 312 b Abs. 1 BGB n.F. sind solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist, für die der Verbraucher ein Angebot abgegeben hat, oder die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.

Entscheidend für die Qualifikation eines Vertrages als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag sind der Ort und die Situation, in welcher der Erstkontakt sowie die Vertragsverhandlungen stattgefunden haben. Ziel der Regelung ist es, dem Verbraucher, der beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz angesprochen und zum Vertragsschluss veranlasst wird, eine Möglichkeit zu geben, sich durch Widerruf von dem Vertrag zu lösen.

Werden also Franchiseverträge ausschließlich über Fernkommunikationsmittel im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem geschlossen oder erfolgt der Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen nach einer der vorgenannten Situationen, hat dies zur Folge, dass dem Franchisenehmer ein Widerrufsrecht nach §§ 356, 355 BGB n.F. zusteht. Die §§ 510 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 356 c BGB, 355 BGB n.F. sind dann nicht anwendbar. Die hiervon betroffenen Franchisesysteme haben in der Folge die neuen, für den Bereich der Fernabsatzverträge und der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, geltenden Bestimmungen zu beachten.

In der Regel werden Franchiseverträge jedoch nicht im Rahmen des Fernabsatzes oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, weshalb sich das Widerrufsrecht zukünftig nach den §§ 356 c, 355 BGB n.F. richten wird.

III. Neue Anforderungen ab dem 13.06.2014

Gemäß § 355 Abs. 1 BGB n.F. soll der Widerruf zukünftig formlos erklärt werden können. Die Erklärung muss auch weiterhin innerhalb einer Widerrufsfrist von 14 Tagen erfolgen. Die Frist beginnt, da für Ratenlieferungsverträge nichts Abweichendes bestimmt wurde, nach der Grundregel des § 355 Abs. 2 BGB n.F., mit dem Vertragsschluss. Gemäß § 356 c Abs. 1 BGB beginnt die Frist jedoch erst zu laufen, nachdem der Franchisegeber den Franchisenehmer den Anforderungen des Art. 246 Abs. 3 EGBGB n.F. (Informationspflichten beim Verbrauchervertrag) entsprechend belehrt hat. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass für Franchiseverträge keine gesonderte Regelung zur Nutzung von Musterwiderrufsbelehrungen geschaffen wurde.

Die bisherige Regelung des § 360 Abs. 3 BGB zur Verwendung des Musters in der Anlage 1 zum EGBGB wurde abgeschafft und durch eine Regelung für verbundene Verträge ersetzt. Zukünftig wird eine Verwendung des Musters für Widerrufsbelehrungen gemäß Art. 246 a, § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB n.F. i.V.m. § 312 g Abs. 1 BGB n.F. nur bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen anwendbar sein. Dies dürfte für die Mehrzahl aller Franchiseverträge jedoch nicht zutreffend sein, so dass das Muster nicht verwendbar ist. Franchisegeber, deren Franchisevertrag eine unmittelbare oder mittelbare Bezugsbindung regelt, sind ohnehin gehalten, eine individuelle, den Anforderungen des Art. 246 Abs. 3 EGBGB n.F. genügende, Widerrufsbelehrung zu erteilen.

IV. Erlöschen des Widerrufsrechts

Selbst bei einer unzureichenden oder fehlenden Widerrufsbelehrung gilt aber künftig das Widerrufsrecht nicht mehr unbegrenzt. Denn gemäß § 356 c Abs. 2 S. 2 BGB n.F. erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. maßgeblichen Zeitpunkt. Bei Franchiseverträgen, auf die die Besonderheiten des Fernabsatzes oder aber des Abschlusses außerhalb von Geschäftsräumen nicht anwendbar sind, ist dieser maßgebliche Zeitpunkt der Vertragsschluss.