Immobilien: Beurkundungspflicht von Verträgen, die Bedingung für Grundstückskauf sind.

 
Urteil des BGH vom 29. Januar 2021 – Az.: V ZR 139/19.

Immobilien: Beurkundungspflicht von Verträgen, die Bedingung für Grundstückskauf sind.

Verträge, die Bedingung für die Wirksamkeit eines beurkundungspflichtigen Grundstückskaufs sind, bilden nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend eine Einheit mit dem Grundstückskauf und sind daher nicht automatisch auch beurkundungsbedürftig.

Grundstücksgeschäfte nicht per se zum Notar

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29. Januar 2021 entschieden, dass ein (beurkundeter) Grundstücksveräußerungsvertrag nicht formunwirksam ist, weil er unter der aufschiebenden Bedingung der Wirksamkeit eines nicht beurkundeten Durchführungsvertrages (§ 12 Abs.1 BauGB) steht. Dass der Grundstückskaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Wirksamkeit des Durchführungsvertrages steht führt nicht dazu, dass der (schriftlich geschlossene) Durchführungsvertrag ebenfalls beurkundet werden muss.

Der Fall

Ein Verkäufer hatte sich mit notariellem Vertrag verpflichtet, Grundstücke an eine Gemeinde zu übertragen. Der Grundstückskaufvertrag wurde dabei aufschiebend bedingt geschlossen. Er sollte erst wirksam werden, wenn ein vorhabenbezogener Bebauungsplan und ein dazugehörender Durchführungsvertrag rechtskräftig würden. Der Durchführungsvertrag wurde ohne notarielle Beurkundung geschlossen. Er regelte die Verpflichtung des Verkäufers zur Erschließung, Planung, Vermessung und Herstellung der Infrastruktur im Plangebiet.

Der Rat der Gemeinde beschloss den Bebauungsplan und machte ihn einige Monate später bekannt. Der Verkäufer übertrug aber Teile des Grundstücks an einen anderen Käufer. Die Gemeinde klagte nun durch die Instanzen auf Herausgabe und Übereignung der Grundstücke.

Klage vor Landgericht und Oberlandesgericht abgewiesen

Landgericht und Oberlandesgericht hatten die Klage abgewiesen, weil der Durchführungsvertrag habe notariell beurkundet werden müssen. Die Begründung: Zwischen Grundstücks- und Durchführungsvertrag habe eine rechtliche Einheit bestanden (sollten miteinander „stehen und fallen“). Daher seien auch beide Verträge beurkundungspflichtig gewesen. Der Durchführungsvertrag ist allerdings nicht notariell beurkundet worden und aufgrund dieses Formfehlers nichtig.

Das sah der Bundesgerichtshof (BGH) anders. Läge eine rechtliche Einheit zwischen beiden Verträgen vor, sei nicht nur der Durchführungsvertrag nichtig. Dann sei auch der Grundstückskaufvertrag unwirksam, so der BGH.

Hier habe allerdings keine rechtliche Einheit zwischen den Verträgen vorgelegen. Nach § 311b Abs. 1 BGB bedarf ein Kaufvertrag über ein Grundstück einer notariellen Beurkundung. Dieser Formzwang gilt für alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Parteien das Veräußerungsgeschäft zusammensetzt, formulierten die Karlsruher Richter.

Das einheitliche Rechtsgeschäft und die Beurkundungspflicht

Ob aber ein einheitliches und damit beurkundungspflichtiges Rechtsgeschäft vorliegt, richtet sich maßgeblich nach dem Willen der Vertragsparteien. Sie formulieren eine gewollte Verknüpfung des Grundstücksgeschäfts mit einer für sich genommen nicht beurkundungsbedürftigen Vereinbarung. Um festzustellen, ob dieser Willen vorliegt, mussten alle Umstände des Einzelfalls vom BGH berücksichtigt werden.

Werden, so der BGH, zwei Verträge äußerlich getrennt voneinander abgeschlossen, ist das Grund für die tatsächliche Vermutung, dass sie nach Willen der Parteien auch unabhängig voneinander behandelt werden sollen. Das war im konkreten Fall so. Diese Vermutung könne nur entkräftet werden, wenn es genügende Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die Verträge trotz der äußerlichen Trennung nach dem Parteiwillen eine rechtliche Einheit bilden sollen. Allein, dass ein beurkundungsbedürftiges Grundstücksgeschäft unter der Bedingung des Zustandekommens einer anderen Vereinbarung vorgenommen wird, begründe eine solche Annahme nicht, so der BGH. Es reiche auch nicht aus, dass der Durchführungsvertrag Beweggrund für den Abschluss des Grundstücksüberlassungsvertrages gewesen sein mag. Eine Geschäftseinheit liege nur dann vor, wenn Teile des anderen Rechtsgeschäfts Inhalt des Grundstücksgeschäfts sein sollten. Jetzt muss die Vorinstanz noch einmal prüfen. Der BGH verwies die Sache an das Oberlandesgericht zurück. Diese muss nun prüfen, ob der Durchführungsvertrag Regelungen enthält, die zugleich das Grundstücksgeschäft näher ausgestalten und daher nach dem Willen der Vertragspartner auch zu dessen Inhalt zählen.

Die Parteien sollten bei Grundstücksgeschäften vorher klären, inwieweit getrennt voreinander abgeschlossene Verträge eine rechtliche Einheit darstellen sollen. Ihren Willen müssen sie deutlich zum Ausdruck bringen. Davon kann bei Grundstücksgeschäften die Beurkundungspflicht der einzelnen Vereinbarungen abhängen. Eine Nichtigkeit kann so weitestgehend ausgeschlossen werden.

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