Verdachtskündigung unwirksam.

 Wenn die Frist zur Stellungnahme für einen Arbeitnehmer zu kurz ist, kann eine Verdachtskündigung unwirksam sein. (LAG Schleswig-Holstein 21.3.2018, 3 Sa 398/17)

Verdachtskündigung unwirksam, Insight von Felix Hebert, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Will ein Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, die nicht auf Tatsachen, sondern auf einem Verdacht beruht, kann sie bei schwerem Verdacht wirksam sein. Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung allerdings muss der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeiter zu den Vorwürfen anhören. Dem Mitarbeiter ist eine angemessene Zeit für die Antwort einzuräumen. Setzt der Arbeitgeber eine zu kurze Frist und kündigt dem Arbeitnehmer nach deren Ablauf ohne Stellungnahme des Betroffenen, ist die Kündigung als Verdachtskündigung nicht rechtswirksam.

In dem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Fall klagte ein Entwicklungsingenieur. Dieser hatte sich schon mehrfach mit seinem Arbeitgeber vor Gericht über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gestritten. Im Streitfall ging es neben einer Versetzung und einer Änderungskündigung um eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Die Kündigung war auf den 12.8.2016 datiert und wurde unter anderem mit dem Verdacht von Straftaten begründet. Die Beklagte, also der Arbeitgeber, gab dem Kläger mit Schreiben vom 4.8.2016 die Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen. Der Eingang in den Briefkasten des Klägers war demnach frühestens der Abend des 4.8.2016. Die Frist zur Stellungnahme lief bis zum 8.8.2016, 13:00 Uhr. Als die Frist ohne Stellungnahme verstrichen war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Das LAG hielt die gesetzte Frist zur Stellungnahme zu den Vorwürfen mit nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen für unangemessen kurz. Das Gericht begründet dies damit, dass gerade in Anbetracht des Umstands, dass sich die Parteien bereits in anderen vertraglichen und auch gerichtlichen Auseinandersetzungen befunden haben, in welchen sich der Kläger stets anwaltlich habe vertreten lassen, klar sein müsse, dass er mehr Zeit benötige. Außerdem war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte wusste dies. Sie habe daher nach Auffassung des LAG damit rechnen müssen, dass der Kläger nicht durchgängig zu Hause sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Empfehlung für die Praxis:

Der Arbeit­geber muss den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Verdachtskündigung anhören. Dem Mitarbeiter ist dabei eine angemessene Zeit für die Antwort einzuräumen, wobei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Der Arbeitgeber hat daher vor Ausspruch einer Verdachtskündigung sorgfältig zu prüfen, ob die dem Mitarbeiter gesetzte Frist zur Stellungnahme auf die Vorwürfe angemessen ist.