Managerhaftung in der Immobilienwirtschaft.

 Keine Schonzeit für die Chefetage.

Managerhaftung in der Immobilienwirtschaft, Insight von Prof. Dr. Peter Fissenewert und Markus Ruhmann, Rechtsanwälte der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Zunehmend mehr Risiken und persönliche Haftung für Geschäftsführer und Vorstände in der Immobilienwirtschaft.

Der Immobiliensektor gehört zu den anfälligsten Branchen im Hinblick auf Compliance-Verstöße. Nach wie vor behandeln weite Teile der Immobilienwirtschaft das Thema Compliance stiefmütterlich. Dabei drohen den Immobilienunternehmen nicht nur erhebliche Risiken wie etwa empfindliche Strafzahlungen oder Image- und Reputationsverluste. Auch Manager selbst stehen immer mehr im Fokus der Behörden oder werden von ihren eigenen (ehemaligen) Gesellschaftern auf Haftung in Anspruch genommen. Nicht selten handelt es sich um existenzbedrohende Größenordnungen.

Gefahren für Manager lauern überall. Häufige Haftungsrisiken in der Immobilienbranche ergeben sich beispielsweise aus:

  • fehlerhaften Entscheidungen oder Korruption bei der Projektentwicklung,
  • Verstößen gegen das Geldwäschegesetz bei der Mittelherkunft oder Beauftragung von Maklern,
  • überhöhten Preisen/Preisabsprachen,
  • Korruption und Täuschung bei Kauf oder Vermietung,
  • Fehlern und Manipulation bei Ausschreibung und Vergabe,
  • vorsätzlicher Preismanipulation,
  • unerlaubten Rückvergütungen,
  • Verschleierungen.

Diese Missstände in der Immobilienwirtschaft kann man durch ein geeignetes Risikomanagement eindämmen. Eine Möglichkeit: die Implementation eines Compliance Management Systems(CMS). Ein solches CMS ist dazu geeignet, Risiken aufzudecken, zu mindern oder gar zu eliminieren. So werden das Unternehmen und verantwortliche Manager gleichsam geschützt.

Die Zeiten, in denen Verfehlungen von Managern nicht geahndet wurden, sind vorbei

Nach einem Urteil des Landgerichts München vom 10.12.2013 müssen Geschäftsführer und Vorstände dafür Sorge tragen, dass ein effektives Compliance Management System im Unternehmen installiert und dessen Effektivität kontrolliert wird. Dies lässt sich auf die allgemeine Sorgfaltspflicht zurückführen, die auch die Pflicht zur Einhaltung sämtlicher Vorschriften einschließt. Der Geschäftsführer muss also auch dafür Sorge tragen, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße stattfinden.

Für die Frage, ob ein eigenes Compliance Management System notwendig ist, kommt es nach Ansicht des Landgerichts München auf einzelfallabhängige Kriterien an. Diese Kriterien sind:

  • Art des Unternehmens,
  • Gesellschafterzahl,
  • Größe und Organisation des Unternehmens,
  • zu beachtenden Vorschriften,
  • geografische Präsenz und
  • Verdachtsfälle aus der Vergangenheit.

Selbst wenn ein Unternehmen diesen Kriterien nicht unterliegt, darf der Geschäftsführer eines kleinen, regionalen Unternehmens im Rahmen seiner Überwachungspflicht nicht wegsehen, wenn Mitarbeiter sich bei ihrer Tätigkeit gesetzeswidrig verhalten. Es ist erforderlich, Mitarbeiter über mögliche Rechtsverletzungen aufzuklären und festgestellte Verletzungen zu sanktionieren.

Ist ein Compliance Management System nicht vorhanden, kann sich der Vorstand oder Geschäftsführer nicht entschuldigen, er habe doch alles dafür getan, dass die Risiken so gering wie möglich blieben. Vielmehr trägt er die Verantwortung dafür, dass sich die Gesellschaft und die Mitarbeiter nicht rechtmäßig verhalten haben.

Gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer

Hat das Unternehmen eine mehrgliedrige Geschäftsführung und sind den Geschäftsführern keine gesonderten Aufgabenbereiche zugewiesen, so haften die Geschäftsführer im Falle einer Sorgfaltspflichtverletzung des einen Geschäftsführers gesamtschuldnerisch. Das bedeutet, ein Geschäftsführer haftet auch, wenn er die Sorgfaltspflichtverletzung nicht zu verantworten hat.

Aber selbst eine klare Aufgabenverteilung führt nicht zu einer vollumfänglichen Haftungsentlastung, denn die Geschäftsführer haben im Rahmen der Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer eine Überwachungspflicht. Jeder Geschäftsführer ist gehalten, sich über alle wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftsführer auch außerhalb seines eigenen Aufgabenbereichs zu informieren.

Sanktionierung bei fehlender Compliance

Verletzt der Geschäftsführer seine Sorgfaltspflichten, so kann dies nicht nur eine Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten darstellen, sondern auch eine Ordnungswidrigkeit.

In einem derartigen Fall kann er sich auch nicht auf seine D&O-Versicherung berufen. Auch die Versicherung verlangt den Nachweis entsprechender Risikomanagementsysteme beziehungsweise Compliance Management Systeme. Ohne solche Systeme haftet der Geschäftsführer – und zwar mit seinem gesamten Vermögen.

Handlungsempfehlung

Der Verzicht auf ein Compliance Management System oder dessen unzureichende Überwachung können bei Gesetzesverstößen zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers in Millionenhöhe führen. Daher ist Gesellschaften mit größerem Geschäftsumfang angesichts der Haftungsrisiken zur Einrichtung eines angemessenen Compliance Management Systems zu raten.

Zur ersten Orientierung empfehlen wir unsere zehn goldenen Regeln der Haftungsbegrenzung:

  1. Der Geschäftsführer haftet nicht für unternehmerische Entscheidungen, wenn er
    a. sich umfassend informiert hat,
    b. die Entscheidung ordnungsgemäß vorbereitet hat,
    c. die Maßnahme rechts- und satzungsgemäß sowie vom Unternehmenswohl geleitet ist und
    d. die Grundregeln ordnungsgemäßer Unternehmensleitung beachtet wurden.
  2. Der Geschäftsführer haftet nicht für fehlerhafte Maßnahmen der Mitgeschäftsführer, wenn
    a. eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung erfolgt ist und
    b. die Überwachungspflichten beachtet werden.
  3. Der Geschäftsführer haftet nicht für fehlerhafte Maßnahmen der Mitarbeiter, vorausgesetzt es liegt kein Organisationsverschulden vor.
  4. Der Geschäftsführer haftet nicht, sofern die schädigende Maßnahme in Übereinstimmung mit Gesetz und Satzung auf einem Beschluss der Gesellschafter beruht.
  5. Der Gesellschafter haftet nicht für rechts- und satzungswidrige Maßnahmen, wenn er sich in einem entschuldbaren Verbotsirrtum befindet (im Zweifel aber: Erkundigungspflicht – Nichtwissen schützt vor Strafe nicht).
  6. Der Geschäftsführer haftet nicht, wenn er durch die Gesellschafter entlastet wurde (und diese von den Verfehlungen Kenntnis hatten).
  7. Der Geschäftsführer haftet nicht bei fehlerhaften Maßnahmen der Tochtergesellschaft, wenn der Konzern ordnungsgemäß organisiert, geleitet und überwacht wurde.
  8. Der Geschäftsführer haftet nicht, wenn
    a. zuvor mit der Gesellschaft eine wirksame Vereinbarung über eine Haftungsmilderung oder eine Haftungsbefreiung abgeschlossen oder
    b. eine wirksame Haftungsfreistellung z. B. mit einem Gesellschafter abgeschlossen wurde oder
    c. er einen Generalbereinigungsvertrag mit der Gesellschaft abgeschlossen hat.
    d. Die Haftungsbegrenzungen/Haftungsfreistellungen gelten aber nur im Innenverhältnis zum Vertragspartner und nicht gegenüber Dritten, insbesondere nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter für insolvenzrechtliche Ansprüche.
  9. Der Geschäftsführer haftet nicht, wenn
    a. eine umfassende Analyse und Prüfung der vorhandenen und potentiellen Risiken erfolgt,
    b. ein entsprechendes Risikomanagement/Compliance System eingerichtet ist und
    c. dieses Kontrollsystem laufend überwacht wird.
  10. Schutz vor Inanspruchnahme des eigenen Vermögens des Geschäftsführers ist dann gewährleistet, wenn
    a. für ihn eine ausreichende D&O-Versicherung abgeschlossen wurde, die vereinbarten Beiträge (auch in der Krise!) gezahlt werden, die Versicherung aufrecht erhalten wird und
    b. keine Ausschließungsgründe nach dem Versicherungsvertrag vorliegen.